Ernährung geht uns alle an

Die Bodenqualität und damit die Qualität der Lebensmittel hat in den letzten Jahren mehr und mehr abgenommen. Verantwortlich für diese Entwicklung sind die gängigen landwirtschaftlichen Bearbeitungstechniken. Der Anbau im Einklang mit der Natur kann diese Entwicklung umkehren. 

Die Farmerfamilie Cherry, etwas nördlich von London, hat nun schon im dritten Jahr eine Veranstaltung auf die Beine gestellt, die seinesgleichen hier bei uns sucht: Groundswell. Es gab viele spannende Vorträge von Landwirten und Wissenschaftlern, die sich mit dem Thema gesunder Boden und gesunde Ernährung befassten.

Groundswell 2019

Bei dieser Mischung aus Ausstellung, Konferenz und Vorführungen in Groundswell geht es darum zu zeigen, was für den Boden und damit für uns alle am Besten ist. Tatsache ist nämlich, dass unsere Gesundheit sehr an die Gesundheit des Bodens gebunden ist. Und um den steht es bei den gängigen landwirtschaftlichen Praktiken leider nicht so gut.

Ein gesunder Boden

Hier möchte ich erst einmal beschreiben wie es sein sollte: Ein gesunder Boden ist nicht nur eine Menge Lehm oder Sand, in der die Pflanzen Halt finden zum Wachsen. Ein gesunder Boden ist vielmehr ein ganzes Königreich an Organismen. In einer Handvoll gesunder Erde befinden sich mehr Mikroorganismen als Menschen auf dieser Welt! Das muss man sich einmal vorstellen!

Leider ist das für uns alles unsichtbar. Und da es ja so schön heißt „Aus den Augen aus dem Sinn“ wird es auch kaum beachtet.

Aber in diesem Dunkel unter der Erdoberfläche herrscht pulsierendes Leben. Genau wie wir über der Erde von Sonnenenergie, Luft und Wasser abhängig sind, sind es auch die Lebewesen unter der Erdoberfläche. Und auch da sind die Pflanzen eine wichtige Nahrungsquelle. Die Pflanzen machen aus Kohlendioxid und Wasser in der Photosynthese Zucker. Dieser Zucker wird in den unterschiedlichsten Formen über die Wurzeln an die Bodenorganismen abgegeben. Es werden komplexe Zucker, Kohlehydrate, Aminosäuren, Fette und Öle, Hormone und Vitamine gebildet, die dann den Mikroorganismen als Nahrung dienen.

Im Gegenzug dazu kann die Pflanze sozusagen bei den Bodenorganismen „Bestellungen aufgeben“, was sie aus dem Boden braucht. Eine wichtige Gruppe der Lieferanten sind die Mykorhizza, Pilzgeflechte, die den Boden durchweben. Sie haben im wahrsten Sinne des Wortes weitreichende Verbindungen und können so gut wie alles organisieren, Mineralstoffe, Spurenelemente, aber auch Wasser.

Sie sind auch maßgeblich an der Architektur im Boden beteiligt. Da in dem unterirdischen Reich Wasser und auch Sauerstoff benötigt werden, muss der Boden locker und durchlässig sein. Da helfen die Pflanzenwurzeln, aber auch die Pilzfäden die über die Humusbildung für eine krümelige Struktur im Boden sorgen. So hat der Boden viele Poren, über die Wasser und Sauerstoff bis tief in die Erde reichen können.

Es entstehen in dieser Architektur auch viele unterschiedliche Lebensräume, in der die unterschiedlichsten Organismen sich wohlfühlen können:

Wir unterscheiden:

  • Makro- bzw. Megaflora
  • Mesoflora
  • und Mikroflora und –fauna

Mehr dazu wird es in einem eigenen Artikel geben. Für hier ist nur wichtig zu wissen, dass es unter der Erde in einem gesunden Boden eben ein ganzes Reich an Organismen gibt, die alle letztendlich auch für unser Wohlergehen wichtig sind.

Wie landwirtschaftliche Praktiken das unterirdische Reich beeinflussen

Durch die gängigen landwirtschaftlichen Praktiken ist dieses unterirdische Reich massiv bedroht bzw. in weiten Teilen schon völlig zerstört.

Der Mensch hat schön früh erkannt, dass die krümelige Bodenstruktur wichtig für gesundes Wachstum ist und hat versucht sie über diverse Formen der Bodenbearbeitung herzustellen. So wird gepflügt, gegrubbert, geeggt oder im Kleineren im Garten umgegraben.

Das zerstört jedoch das unterirdische Reich! Bakterien, die weiter unten im Boden ohne Sauerstoff leben, kommen nach oben und sterben ab. Die Bakterien, die Sauerstoff zum Leben brauchen werden tief unten begraben und sterben ebenfalls. Das Pilzgeflecht wird zerrissen. Da keine lebenden Pflanzen vorhanden sind, gibt es keine Nahrung für das unterirdische Reich und das Massensterben beginnt.

Jeder sichtbare blanke Boden ist tödlich für die unterirdischen Mikroorganismen! Da hilft es auch nicht, wenn der Boden nach Bio-Richtlinien bearbeitet wird.

Der Einsatz von Bioziden ist eine weitere Bedrohung für die, die die Katastrophe der Bodenbearbeitung überlebt haben. Die Fungizide töten die Pilze und eben nicht nur die, die die schädlich für die Pflanzen sind, sondern alle. Die Pestizide töten die kleinen Tierchen und die Herbizide die Pflanzen. Auch dabei spielt es wieder keine besonders große Rolle, ob Bio oder nicht. Denn auch im Bioanbau gibt es diese dafür zugelassenen Biozide. Sie sind für uns weniger giftig, aber dennoch tödlich für weite Bereiche des unterirdischen Lebens.

Düngergaben lassen die Mikroorganismen absterben. Als wenn die oben beschriebenen Maßnahmen nicht schon verheerend genug wären, wird dann auch noch gedüngt. Die Pflanzen bekommen also Nahrung von außen. Dadurch sind sie nicht auf die Zusammenarbeit mit den Bodenorganismen angewiesen. Der Dünger ist zu vergleichen mit dem Junkfood der menschlichen Ernährung und enthält in der Regel nicht den ausgewogenen Mix an Mineralstoffen und Spurenelementen, die die Bodenorganismen den Pflanzen liefern könnten. Damit werden aber die Pflanzen letztendlich nicht vollwertig ernährt und sie können im Gegenzug auch nicht die vollwertigen Nährstoffe an die Mikroorganismen abgeben.

Dadurch sind wir dann auch betroffen. Denn die heutigen Pflanzen enthalten längst nicht mehr die Inhaltsstoffe, die unsere Großeltern noch vorgefunden haben.

Monokulturen geben den verbleibenden Mikroorganismen dann den Rest. Das Ergebnis ist ein toter Boden, der kein Wasser mehr aufnehmen kann und die Pflanzen nicht mehr ernähren kann. Die Auswirkungen bekommen wir in vielen anderen Bereichen zu spüren. Oft werden nur die Zusammenhänge nicht erkannt.

Arbeiten mit statt gegen die Natur

Die Natur braucht keinen Pflug. Sie hat ihre eigenen Möglichkeiten. Durch ein funktionierendes Königreich unter der Erde werden auch Pflanzen und Tiere über der Erde optimal versorgt.

Man kann sagen, dass die Mikroorganismen im Boden die Darmbakterien der Pflanzen sind. Genauso wie es uns gut geht, wenn es unseren Darmbakterien gut geht, so geht es auch den Pflanzen gut, wenn es den Mikroorganismen im Boden gut geht.

Die Natur kann auf diese Weise Regenwälder auf Sanddünen wachsen lassen. Das macht sie nicht indem sie Nährstoffe zufügt, sondern sie zugänglich macht durch ein effektiv arbeitendes System an kleinen Helfern im Boden.

Dazu sind verschiedene Dinge wichtig:

  • So wenig wie möglich mechanische Bearbeitung
  • Ein ständig bedeckter Boden
  • Immer lebende Wurzeln im Boden
  • Große Pflanzenvielfalt
  • Große Tiervielfalt

Wenn wir es in der Landwirtschaft schaffen, diese natürlichen Prinzipien nachzustellen und damit eben mit der Natur und nicht dagegen zu arbeiten, dann können wir uns wieder gesund ernähren und wir können dem Klimawandel entgegenwirken.

Um all das ging es in Groundswell. Man muss umdenken, aber dann gibt viele schöne Möglichkeiten.

Eine Änderung muss aus der Bevölkerung kommen

Groundswell ist mittlerweile eine sehr etablierte Ausstellung und Fortbildungsmöglichkeit für Landwirte und die interessierte Bevölkerung. Sie ist von Landwirten gemacht für Landwirte. Leider findet sie bei offizieller Regierungsseite noch keinerlei Unterstützung. Das ist eigentlich sehr verwunderlich.

Wenn man sich nach den Gründen fragt ist es jedoch sehr verständlich. Ein Arbeiten mit der Natur kommt zwar den Landwirten, der Bevölkerung und auch der Natur zugute, aber es lässt sich kein Geld damit machen. Dünger- und Spitzmittel werden überflüssig. Die Industrie kann also nicht profitieren. Leider sind Regierungsentscheidungen immer noch sehr ans Geld geknüpft. Es wird zwar immer groß geredet, dass etwas gegen den Klimawandel unternommen werden muss, jedoch die naheliegenden Möglichkeiten werden nicht beachtet.

Deshalb muss ein Umdenken von den Landwirten selber kommen mit Unterstützung aus der Bevölkerung. Von „Oben“ ist keine Hilfe zu erwarten. Wir sind aber überzeugt, wenn immer mehr Menschen verstehen, wie sehr unsere Gesundheit von der Pflanzengesundheit und die ja wiederum von der Gesundheit der Bodenorganismen abhängig ist, desto mehr können Veränderungen stattfinden. Hier ist jeder gefragt:

Das geht uns alle an!