Kompost ist so viel mehr als nur Dünger. Mit Kompost tun sich im wahrsten Sinne des Wortes eine ganz neue Welt auf: Die Welt der Bodenorganismen. Von daher ist es ein sehr spannendes Thema.
Kompost als Dünger
Lange ging ich davon aus, dass Kompost „nur“ ein Dünger ist. Ja, mir war schon bekannt, dass einige Gärtner sehr viel Wert auf die Kompostherstellung legen. Als „nur Dünger“ erschien mir der Aufwand allerdings recht hoch. Bei Hobbygärtnern mag das ja angehen, aber für die Landwirtschaft?
Kauft man sich heutzutage Kompost – egal ob für den Garten oder für die Landwirtschaft – wird auch nur von den Nährwerten als Dünger informiert. Diese Werte werden einem mitgeliefert. Sonst erfährt man nichts weiter.
Lernen aus der Geschichte
Liest man alte landwirtschaftliche Bücher, ist oft von Kompost die Rede. Zwischen den Weltkriegen oder sogar noch vor dem ersten Weltkrieg war Arbeitskraft viel billiger und ich las, dass es teilweise extra z.B. 2 Leute auf dem Hof gab, die nur für die Kompostherstellung eingestellt waren. Und dieser Kompost wurde auf dem Acker verwendet, also durchaus in etwas größerem Stil. Das kann man wohl nur mit extrem billiger Arbeitskraft machen. So etwas lohnt sich heute nicht mehr, oder doch?
Etwas nachdenklich wurde ich beim Lesen eines dieser alten Bücher. Ich weiß leider nicht mehr Autor und Titel. Aber mich hatte sehr beeindruckt, was ich über die Krankheiten des Viehs las. Als Tierärztin interessiert mich das natürlich besonders. In diesem Buch wurde auch sehr viel über die Kompostherstellung und damit die Versorgung des Bodens geschrieben. All diese Mühe für den Boden sollte sich dann extrem positiv auf die Leistung und auf die Gesundheit der Rinder auswirken. Es ging soweit, dass der Autor beschrieb, dass seine Kühe Nase an Nase mit an Maul- und Klauenseuche erkrankten Kühen stehen konnten ohne sich anzustecken. Um das zu „beweisen“ und die Skeptiker zu überzeugen, nahm er sich einen an Paratuberkulose erkrankten Ochsen auf den Hof ohne dass eines seiner Tiere angesteckt wurde.
Außerdem war es sein Geschäftsmodell gute Jersey-Kühe billig aufzukaufen, die wegen Mastitis verkauft wurden. Innerhalb kurzer Zeit waren die Kühe durch das Leben auf seinen Flächen gesund und er hatte Tiere mit guten Papieren für billiges Geld bekommen.
Papier ist geduldig. Und so überwog bei mir zunächst die Skepsis, weil ich mir das nicht vorstellen konnte. Ich wurde jedoch immer nachdenklicher als ich auch in anderen Büchern ähnliche Aussagen fand, so z.B. in „The living soil“ von E.B.Balfour. Ich habe die 4. Auflage von 1944. Wann die erste Auflage erschienen ist, weiß ich nicht. Auch in diesem Buch gibt es einige Hinweise in diese Richtung, womit ich wieder an das, was ich früher gelesen hatte, erinnert wurde. Sollte da also doch etwas dran sein?
Was meist übersehen wird
Hier möchte ich aus dem Buch von Lady Balfour zitieren, weil es eigentlich sehr schön beschreibt, worum es geht:
„Die biologische Schule (Ich ziehe diesen Ausdruck der Kompostschule vor) streitet die Schätzung der Chemiker über die Bedürfnisse der Pflanzen an N,P,K nicht ab und sie behauptet auch nicht, dass diese Bedürfnisse durch den N,P,K-Gehalt der Kompostgabe gedeckt sind, die sie für ausreichend hält. Ihre Sicht ist es, dass der Kompost die Bodenpopulation füttert, die – wenn sie nicht durch die Anwesenheit durch anorganische Dünger unterdrückt wird – sich durch diese Behandlung so stark vermehrt, das ihre Aktivität das Gleichgewicht an N,P,K liefert, das die Pflanzen brauchen, und zwar in einer viel gesünderen Form.
Es werden 3 hauptsächliche Gründe für diesen Vorgang vorgeschlagen:
(1) Würmer machen die Nährstoffe zugänglich, die in tieferen Bodenschichten festgelegt sind, und auch Chemiker streiten nicht ab, dass diese in großem Maß vorhanden sind; (2) bestimmte Bodenorganismen bilden eine Assoziation mit Pflanzenwurzeln zu einem Austausch von Nährstoffen und (3) der Abbau der unendlich vielen abgestorbenen Bodenorganismen, die ihren Lebenszyklus vollendet haben, trägt zu Nährstofflieferung bei.Die biologische Schule ignoriert die Mathematik der Chemiker, nicht weil sie von dieser Mathematik nichts hält, sondern weil sie überzeugt ist, dass wichtige Teile, die bisher noch nicht bekannt sind, noch nicht in dieser Summe enthalten sind.“
Noch ein Zitat:
„Schon 1910 …. ist Sir Horward der Meinung, dass der Schüssel zur Krankheitsresistenz ein fruchtbarer Boden ist, was nicht durch Kunstdünger erreicht werden kann, sondern ganz von der Gabe von Kompost abhängt.“
Auch heute noch wird die Bodenbiologie meist außen vor gelassen. Ich finde es sehr erstaunlich, dass wir heute wieder anfangen zu verstehen, was vor über 100 Jahren schon vertreten wurde.
Kompost als eine Anzuchtstelle von Milliarden von Bodenorganismen
Es geht beim Kompost also eigentlich gar nicht um irgendwelche Nährstoffgehalte, sondern um den Gehalt an Bodenorganismen.
Nach einem Kurs bei Prof. Elaine Ingham, die es ganz hervorragend versteht einen in diese Welt der Bodenorganismen einzuführen, wurden mir im wahrsten Sinne so einige Augen geöffnet. Wenn man das reichhaltige Leben einmal unterm Mikroskop beobachtet hat, ändert das die Sichtweise über Kompost vollkommen. Vor lauter winzig kleinen Bodenorganismen sieht man unterm Elektronenmikroskop kaum noch organisches Material.
Was man von außen für einen Berg abgestorbene organisches Material hält ist in Wirklichkeit eine Welt an Mikroorganismen. Es herrscht ein unvorstellbares Leben in einem solchen Komposthaufen, wenn der Kompost richtig zubereitet ist. Wie man das macht, zeige ich in einem Webinar.
Kompost bietet Mikroorganismen-Nachschub für den Boden
Alle Bodenbehandlungen in der Landwirtschaft töten etliche dieser Mikroorganismen. Der Kompost kann diese Verluste wieder ausgleichen. Und genau darin liegt sein besonderer Wert.
Das setzt natürlich eine gekonnte Kompostherstellung voraus. Denn man muss schon einiges Wissen, um all diese Lebewesen gut zu versorgen. Sie brauchen genau wie unsere anderen Tiere richtige Nahrung, richtige Feuchtigkeit, Sauerstoff und Temperatur.
Gerade neulich noch habe ich Kompost versuchshalber für die Herstellung von Komposttee bestellt und war sehr enttäuscht als dieser in einer luftdicht verpackten Plastiktüte geliefert wurde. Das tötet Mikroorganismen. Unterm Mikroskop war dann auch ein deutlich vermindertes Leben zu beobachten.
Die beste Möglichkeit einen vor Leben strotzenden Kompost herzustellen ist also ihn selber aufzusetzen. Das das ganz einfach sein kann, zeige ich im Webinar.
Was die Bodenorganismen den Pflanzen Gutes tun
In der Natur gibt es keinen Dünger. Es wird auch kein Kalk gestreut. Und dennoch wächst es üppig, wenn es gelassen wird. Wie kann das sein?
Lange habe ich geglaubt, was in der Landwirtschaft unterrichtet wird: Durch die Abfuhr der Nährstoffe durch die Ernte entsteht ein Defizit, dass durch Dünger wieder ausgeglichen werden muss.
Dieses Defizit entsteht aber nicht in erster Linie durch den Abtransport der Nährstoffe, sondern durch das Absterben der Bodenorganismen. Denn auch in einem natürlichen System werden Nährstoffe abtransportiert, wenn z.B. die Vögel oder das Wild das Obst abernten. Der große Unterschied ist es aber, dass die Tiere zur Arterhaltung der Bodenorganismen beitragen, während diese durch die landwirtschaftlichen Techniken abgetötet werden.
Die Verabreichung von Kunstdüngern oder auch von organischen Düngern ist also nur eine Behandlung des Symptoms und beseitigt nicht die Ursache. Im Gegenteil: Kunstdünger und auch anaerober organischer Dünger sind auch Mikroorganismen-Killer.
Die Vorteile der Bodenorganismen für die Pflanze und damit auch für den Gärtner oder Landwirt:
- Nährstoffversorgung
- Wasserversorgung
- Vorsorge gegen Krankheitserreger
- Kostenlose Stickstoffgabe
- Nährstoffreiche Pflanzen
- Gesunde Tiere -> gesunde Menschen
Kompost ist also so viel mehr als nur Dünger. Seine Herstellung lohnt sich heute mehr denn je. Denn so sagt es Elaine Ingham:
„Unsere Böden sind nicht arm an Nährstoffen, sondern arm an Bodenorganismen“
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